Mittwoch, 4. April 2012

K wie...

Karwoche: Semana Santa, die heilige Woche - wie die Karwoche in Spanien heißt, ist angebrochen. Und wer sie nicht miterlebt hat, der würde nicht glauben, was für einen Kult die Spanier rund um sie treiben. Vom Palmsonntag Abend bis zum Ostersonntag gibt es in jedem noch so kleinen Ort gewaltige Osterprozessionen. In Spanien, wo die heilige Jungfrau Maria ganz extrem verehrt wird, hat jede Kirche ihre eigene ganz spezielle Maria, die einen Beinamen trägt. Da gibt es die Mater Dolorosa, die Virgen de la Macarena, die Virgen Inmaculada Concepción, die Virgen de la Asunción, die Virgen de la Almudena... 


Jede Kirche hat "ihre" Maria als Statuette und die wird zur Karwoche ganz besonders rausgeputzt: sie bekommt ein feines Kleidchen angezogen und wird auf einem Prozessionswagen präsentiert. Diesen Wagen, oder vielmehr dieses Gestell, denn es hat keine Räder, tragen dann Kirchenmitglieder bei der Prozession durch die Straßen. So ein Gestell samt Maria wiegt ungefähr 200-300 Kilogramm und wird von 10 bis 15 Männern getragen. Die Männer dürfen sich dafür die Schulter nur mit einem Leinentuch bedecken, das Gestell und die Träger werden unter einer Decke verborgen, sodass es auch noch ziemlich heiß und stickig wird. Wer im vergangenen Jahr besonders viele Sünden begangen hat, der geht beim Tragen der Maria barfuß am Asphalt - eine besondere Strapaz um Abbitte zu leisten. 


Wichtig sind auch die, die vor dem Prozessionswägen gehen und mit Trommeln und Gesängen den Rhythmus der Prozession angeben und Pausen für die Träger einbauen. Traditionell sind diese Männer in Capes und spitzen Kapuzen gekleidet und schauen insgesamt aus wie Mitglieder des Ku-Klux-Klans. Die Kinder haben vor ihnen meistens ziemlich angst, also versuchen die Spitzhüte sie mit Zuckerln zu bestechen - das klappt aber oft nicht so ganz. 


Die Umzüge zur Karwoche sind im Norden meistens wirklich noch feierlich und andächtig, aber je weiter man Richtung Süden kommt, umso mehr kommt bei den Prozessionen freudige Fortgeh-Stimmung auf. In Sevilla, wo man die Maria Macarena vereehrt, ist es zum Beispiel üblich, dass die Menge wenn sie die Maria erblickt zu toben beginnt und "Macarena, Guapa" skandiert - also "Maria, die Schönheit." Wenn man dabei ist, kann man sich der Faszination nicht entziehen und schreit sofort mit.


Die Vorbereitungen für die Semana Santa und die Umzüge gehen übrigens schon zeitig los. Eine Deutsche, die in Spanien lebt, hat mir erzählt, dass im Keller ihres Wohnhauses mehr oder weniger das ganze Jahr eine Musikkapelle für den Umzug probt - ohne Rücksicht auf die Nachbarn... Ich selbst konnte diesen Februar in Cordoba beobachten, wie sich die Träger der Marien-Statue vorbereiten - das Gestell wird mit Ziegelsteinen beladen, sodass es in etwa das Gewicht bekommt, das es mit Maria und einem Baldachin haben wird und dann wird es mit nacktem Oberköper durch die nächtlichen Straßen geschleppt...


Katholizismus: Wer den obigen Text über die Events in der Karwoche gelesen hat, dem müssen die Spanier erzkatholisch vorkommen. Und irgendwie sind sie das ja auch... also ein Kind nicht zu taufen, käme, selbst wenn man nie in die Kirche geht, nicht in Frage. Dass der Freund bei der Tochter zuhause schläft - sei es im gleichen Zimmer oder auch nur in der gleichen Wohnung - kommt nicht in Frage, selbst wenn die Tochter auf die 30 geht (spanische Kinder werden spät flügge). Ohne Trauring geht da nichts. 
Tatsache ist aber, die jungen Spanier gehen wie die meisten Mitteleuropäer maximal zu den hohen Feiertagen in die Kirche. Und so katholisch das Land ist - in den großen Städten haben sämtliche Läden sonntags offen, da gibt es keine Debatte. Auch die Ehe für Homosexuelle ist in Spanien schon wesentlich länger erlaubt als in Deutschland oder Österreich. Die Medaille hat eben zwei Seiten, warum manches selbstverständlich ist und anderes so antiquiert wirkt, muss man ja nicht unbedingt nachvollziehen können...

Kiffen: scheint in Spanien irgendwie ziemlich normal zu sein. Als ich meine zukünftige WG begutachtet habe und mir die Mädls dort sagten, dass sie abends gern rauchen, habe ich überhaupt nicht überrissen was gemeint ist... umso überraschter war ich dann vom Dunstschleier in unserer Wohnung! Ich persönlich find den Geruch ja eher grausig... Jedenfalls, wer als junger Mensch in Spanien unterwegs ist, der bekommt früher oder später einen porro, also Joint angeboten -  das Angebot anzunehmen oder nicht, bleibt einem selbst überlassen. Missverständlich kann für Spanisch-Anfänger auch das Angebot von chocolate sein - hiermit ist in bestimmten Fällen absolut keine Schokolade gemeint!

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